Fragen an die Juryvorsitzende Jacqueline Pauli
Der Betonpreis 2025 umfasst zum ersten Mal die Kategorie Infrastrukturbau. Was erwarten Sie von dieser Erweiterung und welche Rolle kann der Infrastrukturbau in Bezug auf Nachhaltigkeit und Innovation spielen?"
Von den rund 15 Millionen Kubikmetern Beton, die jedes Jahr verbaut werden, werden etwa 7 % im Infrastrukturbau verwendet. Gleichzeitig gibt es aufgrund der höheren Anforderungen an die Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit der im Infrastrukturbau verwendeten Materialien weniger Alternativen zu Beton. Ein sorgfältiger, effizienter und ressourcenschonender Umgang mit Beton ist daher im Infrastrukturbau mindestens genauso entscheidend wie im Hochbau.
Tragwerke sind ein wesentliches Element beim Bau von Ingenieurbauwerken. Welche Einsparpotenziale für Material und Ressourcen sehen Sie in einer optimierten Gestaltung der Tragwerke?
Die Einsparpotenziale durch einen optimierten Materialeinsatz sind tatsächlich sehr hoch, bei Betondecken kann z. B. bis zur Hälfte des Materials eingespart werden, wenn statt einer Flachdecke eine optimierte Rippendecke verwendet wird - kommt noch ein leichter Wölbungseffekt hinzu, ist die Materialeinsparung noch größer. Ähnliche Potenziale liegen in Betonmischungen verborgen; insbesondere beim Bau von Gebäuden könnten in vielen Fällen Mischungen verwendet werden, die geringere Festigkeiten oder Expositionsklassen als die Standardtypen erreichen und dementsprechend einen geringeren ökologischen Fußabdruck aufweisen.
Beide Optimierungen, die geometrische und die materialtechnologische, gewinnen massiv an Bedeutung, sobald Nachhaltigkeitsaspekte als gleichwertige Kriterien in die Planung und Ausführung einbezogen werden. Dass die Arbeit von uns Ingenieuren dadurch an Relevanz gewinnt, ist ein schöner Nebeneffekt dieser Entwicklung, und der Betonpreis würdigt dies nun, indem er den Preis an Planungsteams und nicht nur an Architekten vergibt.
Gibt es aktuelle Entwicklungen oder innovative Ansätze, die Ihrer Meinung nach die Zukunft der Planung von Betonkonstruktionen prägen könnten?
Man kann die Trends im Hochbau bereits erkennen, wenn man sich die Wettbewerbssummen der letzten Jahre ansieht. Die Flachdecke ist nicht mehr in Mode, sie wird durch Rippendecken, leichte Gewölbedecken oder auch Balkensysteme mit z. B. eingefügten Holzdeckenelementen ersetzt. Sie sind Ausdruck der Strategie, Beton nur dort einzusetzen, wo er statisch sinnvoll ist und seine Stärken voll ausspielen kann, und dabei nicht mehr Material zu verbrauchen, als unbedingt notwendig ist.
Ein weiterer Trend geht in Richtung Demontierbarkeit und damit der Möglichkeit einer späteren Wiederverwendung der Elemente. Auch das Gießen aller Bauelemente vor Ort ist aus heutiger Sicht keine zukunftsweisende Lösung.
Was noch zu wenig getan wird, ist die oben beschriebene projektspezifische Optimierung auf der Ebene der Materialtechnologie; hier wird sich hoffentlich in den nächsten Jahren etwas ändern.
Im Vergleich zum allgemeinen Diskurs vor einigen Jahren hat sich in den Köpfen der Planer und Bauherren viel verändert, neue (oder wiederentdeckte) Technologien, Materialkonzepte und Tragwerkstypologien werden diskutiert und zunehmend umgesetzt.